Handels-, Zoll- und Schifffahrtsabkommen zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien

Handels-, Zoll- und Schifffahrtsabkommen zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien

Der Deutsche Reichspräsident

und

Seine Kaiserliche Majestät der Schah von Persien,

von dem Wunsche beseelt, die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Staaten weiter zu befestigen, haben entsprechend dem heute unterzeichneten deutsch-persischen Freundschaftsvertrag beschlossen, ein Handels-, Zoll- und Schiffahrtsabkommen abzuschließen, und haben zu diesem Zwecke zu ihren Bevollmächtigten ernannt:

Der Deutsche Reichspräsident:

Herrn Friedrich Werner Graf von der Schulenburg, Deutschen Außerordentlichen Gesandten und Bevollmächtigten Minister in Teheran,

Seine Kaiserliche Majestät der Schah von Persien:

Seine Exzellenz, Herrn Mirza Mohamed Ali Khan Farzine, Gerenten

Seines Ministeriums der Auswärtigen Angelegenheiten,

die nach gegenseitiger Mitteilung ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten die nachstehenden Bestimmungen vereinbart haben:

Artikel 1.

Deutsche Boden- und Gewerbeerzeugnisse werden bei der Einfuhr nach Persien mit keinen anderen oder höheren Zöllen, Koeffizienten; Zuschlägen oder Eingangsabgaben irgendwelcher Art belastet werden als die gleichartigen Erzeugnisse des in dieser Hinsicht meistbegünstigten Landes.

Deutsche Boden- und Gewerbeerzeugnisse werden bei – ihrer Ausfuhr aus Deutschland nach Persien mit keinen anderen oder höheren Zöllen oder Ausfuhrabgaben irgendwelcher Art belastet werden als denjenigen Zöllen oder Ausfuhrabgaben, die jetzt oder künftig bei der Ausfuhr gleichartiger Waren nach dem in dieser Hinsicht meistbegünstigten Lande erhoben werden.

Artikel 2.

Persische Boden- und Gewerbeerzeugnisse werden bei der Einfuhr nach Deutschland mit keinen anderen oder höheren Zöllen, Koeffizienten, Zuschlägen oder Eingangsabgaben irgendwelcher Art belastet werden als denjenigen, die jetzt oder künftig von gleichartigen Erzeugnissen in dieser Hinsicht meistbegünstigten Landes erhoben werden.

Persische Boden- und Gewerbeerzeugnisse werden bei ihrer Ausfuhr aus Persien nach Deutschland mit keinen anderen oder höheren Zöllen oder Ausfuhrabgaben irgendwelcher Art belastet werden als denjenigen, die jetzt oder künftig bei der Ausfuhr gleichartiger Erzeugnisse nach dem in dieser Beziehung meistbegünstigten Lande erhoben werden.

Artikel 3.

Erzeugnisse des einen vertragschließenden Teiles, die ordnungsgemäß in das Gebiet des anderen Teiles eingeführt worden und für die, die bei der Einfuhr fremder Erzeugnisse durch Gesetze oder Verordnungen vorgeschriebenen Zölle und Abgaben erlegt worden sind, werden späterhin in keiner Hinsicht einer ungünstigeren Behandlung unterworfen werden als gleichartige Boden- und Gewerbeerzeugnisse irgendeines dritten Landes.

Artikel 4.

Für die Art und Weise der Zollerhebung sowie für die Sicherstellung und jede sonstige Förmlichkeit bei, der Ein- oder Ausfuhr verpflichtet sich, jeder der vertragschließenden Teile, dem andern die gleiche Behandlung wie der in dieser Hinsicht meistbegünstigten Nation zu gewähren.

Artikel 5.

Sollten sich über den Ursprung einer Ware Zweifel ergeben, so können die Zollbehörden eines jeden der vertragschließenden Teile, soweit sie es für erforderlich erachten, die Vorlegung von Ursprungszeugnissen verlangen. Diese Ursprungszeugnisse werden von den Zollbehörden oder den anderen zuständigen Organen des Versandlandes ausgestellt. Die vertragschließenden Teile werden sich die Liste dieser Organe und die etwaigen späteren Änderungen der Liste mitteilen. Wenn die Ursprungszeugnisse nicht von einer Zollbehörde ausgestellt sind, so kann die Regierung des Bestimmungslandes deren Bestätigung durch die Zollbehörden des Versandlandes der Ware verlangen.

Die Ursprungszeugnisse können sowohl in der Sprache des Bestimmungslandes als auch in der Sprache des Versandlandes ausgestellt werden. Im letzten Falle können die Zollämter des Bestimmungslandes eine französische Übersetzung verlangen.

Waren, die aus dem Auslande in eines der beiden Länder eingeführt worden sind und daselbst alsdann entweder eine Verarbeitung oder eine Bearbeitung gewerblicher Art erfahren haben, gelten als Erzeugnisse dieses Landes.

Artikel 6.

Die vertragschließenden Staaten werden den gegenseitigen Warenaustausch durch keinerlei Ein- oder Ausfuhrverbote oder -beschränkungen behindern mit Ausnahme, der nachstehenden Arten von Verboten oder Beschränkungen, soweit sie nicht als Mittel willkürlicher Diskriminierung oder verschleierter Beschränkung benutzt werden:

  1. Verbote oder Beschränkungen mit Rücksicht auf die öffentliche Sicherheit;
  2. Verbote oder Beschränkungen aus Gründen der Sittlichkeit oder der Menschlichkeit;
  3. Verbote oder Beschränkungen mit Beziehung auf Waffen, Munition und Kriegsgerät oder – unter außerordentlichen Umständen – auf jeden anderen Kriegsbedarf;
  4. Verbote oder Beschränkungen zum Schutze der öffentlichen Gesundheit oder zum Schutze von Tieren oder Pflanzen gegen Krankheiten, Insekten und Schädlinge;
  5. Ausfuhrverbote oder -beschränkungen zum Schutze des künstlerischen, historischen oder archäologischen Nationalbesitzes;
  6. Verbote oder Beschränkungen für Gold, Silber, Münzen, Papiergeld und Wertpapiere;
  7. Verbote oder Beschränkungen, dazu bestimmt, auf fremde Erzeugnisse die Rechtsordnung auszudehnen, die im Inlande für Erzeugung, Handel, Beförderung und Verbrauch gleichartiger einheimischer Erzeugnisse gilt;
  8. Verbote oder Beschränkungen für Erzeugnisse, die gegenwärtig oder künftig im Inlande im bezug auf Erzeugung oder Handel Gegenstand von Staatsmonopolen oder von solchen Monopolen sind, die unter Aufsicht des Staates ausgeübt werden;
  9. Verbote oder Beschränkungen, um unter außergewöhnlichen und anormalen Umständen die lebenswichtigen Interessen des Landes zu schützen. Wenn Maßnahmen dieser Art getroffen werden, so muß es so geschehen, daß sich daraus keine willkürliche Diskriminierung zum Nachteil des andern vertragschließenden Teiles ergibt. Ihre Dauer muß auf die Dauer der Gründe oder der Verhältnisse beschränkt sein, die sie veranlaßt haben.

Artikel 7.

Die vertragschließenden Teile gewähren sich gegenseitig die Freiheit der Durchfuhr durch ihr Gebiet.

Ausnahmen hiervon können, soweit sie auf alle Länder oder auf die Länder, bei denen gleichartige Voraussetzungen zutreffen, angewendet werden, in folgenden Fällen stattfinden:

  1. a) mit Rücksicht auf die öffentliche Sicherheit;
  2. b) mit Rücksicht auf die` Gesundheitspolizei oder zum 5chutze von Tieren oder Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge;
  3. c) für die Durchfuhr von Waffen, Munition und Kriegsmaterial, sowie, unter außerordentlichen Umständen, von allem sonstigen Kriegsbedarf.

Die vertragschließenden Teile verpflichten sich, keine Durchgangsabgaben zu erheben, jedoch können von den zur Durchfuhr gelangenden Sendungen Abgaben erhoben werden, die ausschließlich zur Deckung der für die Kontrolle dieser Durchfuhr erforderlichen Kosten bestimmt sind.

Diese Bestimmungen gelten sowohl für Waren, die unmittelbar durchgeführt werden, als auch für Waren, die während der Durchfuhr umgeladen, umgepackt oder gelagert werden.

Artikel 8.

Die Bestimmungen des gegenwärtigen Abkommens erstrecken sich nicht:

  1. auf die von einem der vertragschließenden Teile angrenzenden Staaten gegenwärtig oder künftig gewährten besonderen Vergünstigungen zur Erleichterung des Grenzverkehrs auf einem gewissen Gebietsstreifen beiderseits der Grenze;
  2. auf die von einem der vertragschließenden Teile gegenwärtig oder künftig auf Grund einer Zollvereinigung eingegangenen Verpflichtungen.

Artikel 9.

Auf Warenproben und Muster werden die vertragschließenden Teile die Bestimmungen des am 3. November 1923 in Genf unterzeichneten internationalen Abkommens über die Vereinfachung, der Zollförmlichkeiten anwenden.

Die Frist für die Wiederausfuhr beträgt 12 Monate.

Artikel 10.

Die deutschen Schiffe und ihre Ladungen in Persien und die persischen Schiffe und ihre Ladungen in Deutschland werden in gleicher Weise wie die inländischen Schiffe und ihre Ladungen und in keinem Falle ungünstiger als die Schiffe und Ladungen irgendeines anderen Landes behandelt werden. Tonnen-, Durchfuhr-, Kanal-, Hafen-, Lotsen-, Leuchtturm-, Quarantäne- oder andere gleichartige oder entsprechende Abgaben oder Lasten irgendwelcher Bezeichnung, die im Namen oder zum Nutzen der Regierung, von öffentlichen Beamten, von Privaten, von Korporationen oder von Instituten irgendeiner Art erhoben werden, dürfen in den Hoheitsgewässern des einen Landes den Schiffen des andern Landes nicht auferlegt werden, sofern sie nicht in der gleichen Weise unter denselben Bedingungen den inländischen Schiffen auferlegt werden. Diese Gleichheit in der Behandlung soll gegenseitig auf die beiderseitigen Schiffe Anwendung finden ohne Rücksicht darauf, von welchem Platze sie ankommen und wohin sie bestimmt sein mögen.

Diese Bestimmungen finden keine Anwendung auf die besondere Behandlung, die einer der vertragschließenden Teile Fischereifahrzeugen oder der Einfuhr der von Mannschaften eigener Schiffe gefangenen Fische in sein Gebiet zuteil werden läßt.

Sie finden ferner keine Anwendung auf die Küstenschiffahrt, deren Regelung der Gesetzgebung jedes der beiden Staaten vorbehalten bleibt., Hinsichtlich der Küstenschiffahrt hat jedoch jeder der vertragschließenden Teile für seine Schiffe das Recht auf alle Vergünstigungen und Vorrechte, die der andere in dieser Beziehung einem dritten Lande gewährt hat oder gewähren wird, unter der Bedingung, daß er den Schiffen des anderen Staates die gleichen Vergünstigungen und Vorrechte in seinem Gebiete zugesteht.

Als Küstenschiffahrt gilt nicht:

  1. der Verkehr der Schiffe von einem Hafen zum anderen, sei es, um daselbst vom Auslande mitgebrachte Passagiere, oder Ladung, ganz oder teilweise, zu landen, sei es, um daselbst für das Ausland bestimmte Passagiere, oder Ladung, ganz oder teilweise

an Bord zu nehmen;

  1. die Beförderung von Passagieren, die mit direkten, im Auslande ausgestellten oder für das Ausland bestimmten Fahrscheinen versehen sind, oder von Waren, die mit direkten, im Auslande ausgestellten oder für das Ausland bestimmten Konnossementen verschifft werden, von einem Hafen zum anderen.

Artikel 11.

In Fällen von Schiffbruch, von Beschädigungen auf See oder im Falle des Anlaufens eines Nothafens soll jeder der vertragschließenden Staaten den Schiffen des anderen Staates, mögen sie dem Staate oder Privaten gehören, denselben Beistand und Schutz und dieselben Vergünstigungen zuteil werden lassen, die in gleichen Fällen den inländischen Schiffen gewährt werden. Die von den schiffbrüchigen oder beschädigten Schiffen geborgenen Gegenstände sollen von allen Zöllen befreit bleiben, soweit sie unter der Aufsicht der zuständigen Zoll- oder anderen örtlichen Behörden stehen.

Die Ortsbehörden sollen den nächsten Konsul des Flaggenstaates sobald als möglich von dem Schiffbruch oder der Beschädigung benachrichtigen. Die Konsuln der vertragschließenden Staaten Sollen ermächtigt sein, den Angehörigen ihres Landes den erforderlichen Beistand zu leisten.

Artikel 12.

Dieses Abkommen ist in doppelter Urschrift in deutscher, persischer und französischer Sprache abgefaßt. Bei Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung des Abkommens ist der französische Wortlaut maßgebend.

Das Abkommen soll ratifiziert und die Ratifikationsurkunden sollen sobald als möglich ausgetauscht werden.

Das Abkommen tritt einen Monat nach Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft und bleibt fünf Jahre in Geltung. Wird es nicht 6 Monate vor Ablauf dieser Frist gekündigt, so gilt es als stillschweigend für unbestimmte Zeit verlängert. Es kann. dann jederzeit unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden.

Zu Urkund dessen haben die beiderseitigen gehörig beglaubigten Bevollmächtigten dieses Abkommen unterzeichnet und ihm ihre Siegel beigesetzt.

Teheran, den 17. Februar 1929.

(gez.) Friedrich Werner Graf von der Schulenburg.

(gez.) M. Farzine.


Schlußprotokoll.

Bei der Unterzeichnung des heute zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien abgeschlossenen Handels-, Zoll- und Schiffahrtsabkommens haben die unterzeichneten Bevollmächtigten folgende Erklärung abgegeben, die einen wesentlichen Bestandteil des Abkommens selbst bildet:

zu Artikel 6.

Es besteht Einverständnis darüber, daß

  1. a) die von den beiden vertragschließenden Teilen übernommenen Verpflichtungen sich nicht auf die Ein- und Ausfuhrverbote oder -beschränkungen beziehen, die, abgesehen von den nach Artikel 6 gestatteten Verboten und Beschränkungen, in den beiden Staaten bei Unterzeichnung dieses Abkommens in Kraft sind, und die sie dem andern innerhalb zweier Monate mitgeteilt haben;
  2. b) falls einer der vertragschließenden Teile auf Grund der in Artikel 6 vorgesehenen Ausnahmen neue Verbote oder Beschränkungen anwendet oder in Kraft setzt, die geeignet sind, den Handel des andern Teiles ernstlich zu beeinträchtigen, der andere binnen einer Frist von einem Jahr nach dieser Anwendung oder Inkraftsetzung dieses Abkommen kündigen kann. In diesem Falle tritt das Abkommen 6 Monate nach der Kündigung außer Kraft.

Teheran, den 17. Februar 1929.

(gez.) Friedrich Werner Graf von der Schulenburg.

(gez.) M. Farzine.