Anerkennung iranischen Scheidungsurteils bei doppelter Staatsangehörigkeit

 

OLG Bremen: Schlussurteil vom 25.10.1984 – 153 F 88/84, 3 UF 51/84

OLG Bremen, Schlussurteil vom 25.10.1984 – 153 F 88/84, 3 UF 51/84 (AG Bremerhaven vom 07.06.1984)

Verkündet am: 25. Oktober 1984

Tenor:

Auf die Anschlußberufung der Klägerin zu 1. wird das Urteil des Amtsgerichts Bremerhaven – Familiengericht – vom 7. Juni 1984 unter Zurückweisung der Anschlußberufung im übrigen dahin abgeändert, daß der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin zu 1. ab 23. März 1984 bis 31. August 1984 eine monatliche, im voraus fällige Unterhaltsrente von DM 2.000,- und ab 1. September 1984 eine monatliche, im voraus fällige Unterhaltsrente von DM 2.200,- zu zahlen.

Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges werden wie folgt verteilt:

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Beklagten tragen zu 1/22 die Klägerin zu 1. und zu 21/22 der Beklagte.

Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1. tragen zu 1/12 diese selbst und zu 11/12 der Beklagte.

Die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 2. bis 4. trägt der Beklagte.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung seitens der Kläger zu 2. bis 4. durch Sicherheitsleistung von DM 29.000,- abwenden, wenn nicht die Kläger zu 2. bis 4. vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Gegen dieses Urteil wird für den Beklagten die Revision zugelassen, soweit es die Klage der Kläger zu 2. bis 4. betrifft.

Tatbestand

Die Parteien sind iranische Staatsangehörige; die Klägerin zu 1. besitzt daneben die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Klägerin zu 1. und der Beklagte haben im Jahre 1965 von Deutschland aus durch Vertreter in Teheran die Ehe geschlossen. Im August 1983 hat die Klägerin zu 1. die eheliche Wohnung in Bremerhaven verlassen und ist nach Bad Homburg gezogen. Seitdem leben die Parteien getrennt. Ihre Ehe ist im März 1984 von einem Teheraner Gericht geschieden worden (vgl. beglaubigte Übersetzung des Scheidungsurteils Blatt 49 f. der Akten). Der Beklagte hat beim Senator für Rechtspflege und Strafvollzug der Freien Hansestadt Bremen die Anerkennung dieses Scheidungsurteils beantragt. Die Kläger zu 2. bis 4. sind die gemeinschaftlichen Kinder der Klägerin zu 1. und des Beklagten. Sie leben seit der Trennung ihrer Eltern bei der Klägerin zu 1. in Bad Homburg. Der Antrag der Klägerin zu 1., ihr die elterliche Sorge für die Kläger zu 2. bis 4. zu übertragen, ist vom Amtsgericht Bad Homburg – Familiengericht – durch Beschluß vom 20. März 1984 abgelehnt worden. Die Klägerin zu 1. hat hiergegen Beschwerde eingelegt. Der Beklagte hat beim Amtsgericht Bad Homburg – Familiengericht – beantragt, ihm die elterliche Sorge für die Kläger zu 3. und 4. zu übertragen. Die Parteien haben eine weitere Tochter, … die seit dem 6. August 1984 volljährig ist. S. war zunächst ebenfalls mit der Klägerin zu 1. nach Bad Homburg gezogen, jedoch im September 1983 zum Beklagten nach Bremerhaven zurückgekehrt. Inzwischen hat sie das väterliche Haus wieder verlassen und lebt bei keinem Elternteil. Die Klägerin zu 1. und der Beklagte haben seit ihrer Eheschließung, die Kläger zu 2. bis 4. haben seit ihrer Geburt ununterbrochen in der Bundesrepublik Deutschland gewohnt.

Mit ihrer Klage haben die Kläger Unterhaltsansprüche gegen den Beklagten geltend gemacht (Trennungsunterhalt von DM 2.400,- DM monatlich bzw. Kindesunterhalt von DM 700,-, DM 700,- und DM 600,- monatlich). Der Beklagte ist Arzt. Seine Praxis ruht zur Zeit wegen Berufsunfähigkeit. Er bezieht Renten von insgesamt DM 10.155,66. Die Zins- und Tilgungsbelastungen für das Haus des Beklagten in der … Bremerhaven betragen monatlich DM 2.000,-. Die Kläger haben weder Einkomme noch Vermögen.

Das Amtsgericht hat durch Urteil vom 7. Juni 1984 unter Klagabweisung im übrigen den Beklagten verurteilt, ab 23. März 1984 monatlich Unterhalt an die Kläger zu zahlen, und zwar an die Klägerin zu 1. DM 2.000,-, an die Kläger zu 2. und 3. je DM 700,- und an die Klägerin zu 4. DM 600,-. Es hat auf die Klage der Klägerin zu 1. deutsches Recht, auf die Klagen der Kläger zu 2. bis 4. iranisches Recht angewendet. Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Begründung der getroffenen Entscheidung wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 7. Juni 1984 Bezug genommen.

Gegen das dem Beklagten am 15. Juni 1984, den Klägern am 20. Juni 1984 zugestellte Urteil haben der Beklagte am 20. Juni 1984 Berufung und die Klägerin zu 1. am 27. August 1984 Anschlußberufung eingelegt. Der Beklagte hat seine Berufung mit Schriftsatz vom 16. Juli 1984, bei Gericht eingegangen am 17. Juli 1984, die Klägerin zu 1. hat ihre Anschlußberufung zugleich mit der Einlegung begründet.

Der Beklagte rügt, das Amtsgericht habe den geltend gemachten Unterhaltsanspruch der Klägerin zu 1. zu Unrecht nach deutschem und nicht nach iranischem Recht beurteilt. Das Teheraner Scheidungsurteil sei inzwischen rechtskräftig und von den deutschen Gerichten auch ohne entsprechende Feststellung durch die Landes Justizverwaltung anzuerkennen. Seine Inanspruchnahme auf Unterhaltszahlungen an die Klägerin zu 1. sei – wende man deutsches Unterhaltsrecht an – grob unbillig im Sinne der §§ 1361 Abs. 3, 1579 Abs. 1 BGB, da die Klägerin zu 1. ihm Goldbarren im Werte von rund DM 19.000,- entwendet, sich der Kindesentziehung schuldig gemacht und ihn im Sorgerechtsverfahren betreffend die Kläger zu 2. bis 4. beschimpft habe. Schließlich seien von seinem Renteneinkommen nicht nur die Hausbelastungen, sondern auch erhebliche weitere Ausgaben abzusetzen.

Die geltend gemachten Unterhaltsansprüche der Kläger zu 2. bis 4. habe das Amtsgericht zwar zutreffend nach iranischem Recht beurteilt, dieses Recht jedoch falsch angewendet. Aus dem iranischen Recht ergebe sich weder eine Vertretungsbefugnis der Klägerin zu 1. für die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen der Kläger zu 2. bis 4. noch ein Anspruch der Kläger zu 2. bis 4. gegen ihn auf Zahlung von Barunterhalt.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin zu 1. beantragt darüber hinaus mit der Anschlußberufung,

das angefochtene Urteil abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie ab 23. März 1984 monatliche, im voraus fällige Unterhaltsrenten von DM 2.200,- zu zahlen.

Die Kläger treten den Ausführungen des Beklagten entgegen und verteidigen das Urteil des Amtsgerichts Bremerhaven, soweit es vom Beklagten angefochten wird. Zu ihrer Anschlußberufung führt die Klägerin zu 1. aus, das Amtsgericht habe für die Bemessung des Ehegattenunterhalts Unterhaltsleistungen des Beklagten an … in Höhe von DM 1.155,66 von seinem Einkommen abgesetzt mit der Begründung, der Beklagte leiste an … nicht nur Bar-, sondern auch Naturalunterhalt. Da … nicht mehr beim Beklagten lebe, sei nur noch ein von … zu beanspruchender Barunterhalt von DM 635,- abzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Anschlußberufung der Klägerin zu 1. zurückzuweisen.

Wegen des zweit instanzlichen Vorbringens der Parteien im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze des Beklagten vom 16. Juli, 20. Juli, 4. September und 10. September 1984 und der Kläger vom 27. August 1984 sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 13. September 1984 (Blatt 120 ff. der Akten) Bezug genommen.

Der Senat hat durch Teilurteil vom 20. September 1984 vorab über einen Antrag der Kläger nach § 710 i.V.m. § 711 Satz 2 ZPO entschieden.

Entscheidungsgründe

Die Berufung und die Anschlußberufung sind zulässig.

Die Anschlußberufung ist auch begründet.

Die Berufung ist dagegen unbegründet.

I.

1. Die Klage der Kläger zu 2. bis 4. ist zulässig.

Die Klägerin zu 1. ist gemäß § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB befugt, Unterhaltsansprüche der minderjährigen Kläger zu 2. bis 4. gegen den Beklagten in deren Namen geltend zu machen.

Die Vertretung von Kindern bei Unterhaltsklagen ist gemäß Artikel 1 Abs. 1 und 3 des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht vom 24. Oktober 1956 (BGBl. 1961 II Seite 1012) – Haager Unterhaltsabkommen – nach deutschem Recht zu beurteilen. Nach Artikel 1 Abs. 1 des Haager Unterhaltsabkommens richten sich Unterhaltsansprüche eines Kindes nach dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dieses Recht gilt gemäß Artikel 1 Abs. 3 auch für die Frage, wer die Unterhaltsklage erheben kann. Hierzu gehört auch die Frage der Vertretung des Minderjährigen im Unterhaltsprozeß (vgl. OLG Koblenz NJW 75, 1085; KG OLGZ 80, 165, 166 f.; OLG Frankfurt FamRZ 82, 528, 529). Da die Kläger zu 2. bis 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, ist somit deutsches Recht anwendbar.

Das Haager Unterhaltsabkommen wird nicht durch Artikel 8 Abs. 3 des Deutsch-Iranischen Niederlassungsabkommens vom 17.2.1929 (EGBl. 1930 II Seite 1006 ff.), das auf Grund der Bekanntmachung über Deutsch-Iranische Vorkriegsverträge vom 15.8.1955 (BGBl. 1955 II Seite 829) weiter gilt, verdrängt. Das Deutsch-Iranische Niederlassungsabkommen findet nämlich entgegen der Auffassung des Amtsgerichts keine Anwendung. Es betrifft nur solche Familienrechtsfälle, in denen alle an dem zu regelnden Rechtsverhältnis Beteiligten entweder eine gemeinsame deutsche oder eine gemeinsame iranische Staatsangehörigkeit haben. Dagegen ist es nicht anwendbar, wenn Personen mit verschiedener Staatsangehörigkeit beteiligt sind (gemischt-nationale Ehen bzw. Familien; vgl. BGHZ 60, 68, 74 f.; BayObLG FamRZ 78, 243, 245; Krüger FamRZ 73, 6, 9 f.). Ein solcher Fall liegt hier vor. Zwar sind alle an dem in Frage stehenden Rechtsverhältnis Beteiligten, die Klägerin zu 1. und der Beklagte als Eltern, die Kläger zu 2. bis 4. als Kinder, iranische Staatsangehörige. Die Klägerin zu 1. besitzt aber außerdem die deutsche Staatsangehörigkeit. Sie ist eine sogenannte Doppelstaaterin. Bei Doppelstaatern ist für die koalitionsrechtliche Anknüpfung entscheidend diejenige Staatsangehörigkeit, welcher die betreffende Person am engsten verbunden ist (Grundsatz der effektiven Staatsangehörigkeit), das ist in der Regel die des gewöhnlichen Aufenthalts (vgl. BGHZ 75, 32, 38 ff.; BGH NJW 80, 2016 f.; BGH NJW 81, 520, 521 f.; OLG Düsseldorf FamRZ 74, 528, 530). Die effektive Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 1. ist ihre deutsche Staatsangehörigkeit, weil sie seit ihrer Eheschließung mit dem Beklagten – wie dieser und die gemeinsamen Kinder – ununterbrochen in der Bundesrepublik Deutschland gewohnt hat. Da der deutschen Staatsangehörigkeit der Klägerin als ihrer effektiven Staatsangehörigkeit der Vorrang gebührt, handelt es sich trotz der gemeinsamen iranischen Staatsangehörigkeit um eine gemischt-nationale Ehe bzw. Familie (vgl. BGHZ 60, 68, 74 f.; BayObLG FamRZ 78, 243, 245; in den dort entschiedenen Fällen hatten ebenfalls alle Beteiligten/iranische Staatsangehörigkeit, die Ehefrau/Mutter daneben aber auch die deutsche Staatsangehörigkeit).

Nach § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB ist die Klägerin zu 1. für die Unterhaltsklage der Kläger zu 2. bis 4. vertretungsberechtigt, weil sie und der Beklagte als Eltern der Kläger zu 2. bis 4. getrennt leben, sich die Kläger zu 2. bis 4. in ihrer Obhut befinden und eine Regelung über die Personensorge gemäß § 1672 BGB bisher noch nicht getroffen worden ist.

2. Die Klage der Kläger zu 2. bis 4. ist auch begründet.

Der Beklagte ist gemäß §§ 1601, 1602, 1603, 1610, 1612 Abs. 1 BGB verpflichtet, an die Kläger zu 2. bis 4. einen monatlichen Barunterhalt von je DM 700,- (Kläger zu 2. bis 3.) und DM 600,- (Klägerin zu 4.) zu zahlen.

Ob und in welchem Umfang die Kläger zu 2. bis 4. vom Beklagten Unterhalt verlangen können, bestimmt sich – wie bereits unter Ziffer 1 ausgeführt – gemäß Artikel 1 Abs. 1 des Haager Unterhaltsabkommens nach deutschem Recht als Recht des Aufenthaltsstaates der Kläger zu 2. bis 4. Auch hinsichtlich des materiellen Unterhaltsrechts wird das Haager Unterhaltsabkommen nicht durch das deutsch-iranische Niederlassungsabkommen verdrängt. Man könnte allerdings daran denken, insoweit seien keine Personen mit verschiedener Staatsangehörigkeit beteiligt, weil lediglich ein Rechtsverhältnis zwischen den Klägerin zu 2. bis 4. und dem Beklagten in Frage zu stehen scheint und diese Personen alle nur die iranische Staatsangehörigkeit besitzen. Eine solche Betrachtungsweise erscheint dem Senat jedoch verfehlt. Der Umfang der Unterhaltsverpflichtung des in Anspruch genommenen Elternteils kann von der Leistungsfähigkeit des anderen Elternteils abhängen (so im Deutschen Unterhaltsrecht §§ 1603 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1, 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB). Der Unterhaltsbedarf des Kindes kann sich nach der Lebensstellung beider Eltern, also auch der des nicht in Anspruch genommenen Elternteils, richten. Für die Art des zu gewährenden Unterhalts kann es auf eine von beiden Eltern nur gemeinsam zu treffende Bestimmung ankommen (so im deutschen Recht § 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB).

Dies zeigt, daß bei einer Inanspruchnahme eines Elternteils auf Unterhaltszahlungen der andere Elternteil nicht nur berechtigt sein kann, die Ansprüche im Namen der gemeinsamen Kinder geltend zu machen (vgl. oben Ziff. 1), sondern auch in materiell-rechtlicher Hinsicht am Rechtsverhältnis beteiligt ist. Die Tatsache, daß die somit beteiligte Klägerin zu 1. Doppelstaaterin und ihre effektive Staatsangehörigkeit die deutsche ist, führt daher zur Nichtanwendbarkeit des Deutsche-Iranischen Niederlassungsabkommens auch hinsichtlich des materiellen Unterhaltsrechts.

Die Kläger zu 2. bis 4. haben gegen den Beklagten einen Anspruch auf Unterhaltsgewährung in Geld (§ 1612 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Erklärung des Beklagten, er sei bereit, den Klägern zu 2. bis 4. in seinem Hause Unterhalt zu gewähren, stellt zwar die Bestimmung einer anderen Art der Unterhaltsgewährung im Sinne des § 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB dar. Diese Bestimmung ist jedoch nicht wirksam, da sie nur vom Beklagten und nicht von beiden Eltern der Kläger zu 2. bis 4. abgegeben worden ist. Die Bestimmung im Sinne des § 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB kann nämlich gegenüber minderjährigen Kindern wirksam nur von beiden Eltern gemeinsam getroffen werden, da das Bestimmungsrecht als Teil des Personensorgerechts beiden Eltern gemeinsam zusteht. Das gilt auch dann, wenn die Eltern des minderjährigen Kindes getrennt leben oder geschieden sind und noch keine Sorgerechtsentscheidung gemäß § 1671 oder 1672 BGB erfolgt ist (BGH NJW 83, 2200, 2202; BGH FamRZ 84, 37, 38).

Die Klagen der Kläger zu 2. bis 4. sind auch der Höhe nach begründet. Das Amtsgericht ist zutreffend von einem Unterhaltsbedarf der Kläger von je DM 700,- (Kläger zu 2. und 3.) und DM 600,- (Klägerin zu 4.) ausgegangen. Soweit der Beklagte nunmehr vorträgt, sein zu berücksichtigendes Einkommen sei wesentlich geringer als vom Amtsgericht angenommen, weil weitere Ausgaben abzusetzen seien, muß sein Vorbringen gemäß §§ 527, 296 Abs. 1 ZPO als verspätet zurückgewiesen werden. Diese Einwendung ist entgegen der Vorschrift des § 519 ZPO nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist, sondern erst mit Schriftsatz vom 10. September 1984 – der Rechtsstreit war kraft Gesetzes Feriensache (§ 200 Abs. 2 Nr. 5 a GVG) – vorgebracht worden. Die Verspätung ist nicht entschuldigt. Die Zulassung des verspäteten Vorbringens würde die Erledigung des Rechtsstreits verzögern, da es von den Klägern bestritten worden ist und somit eine Vertagung zur Durchführung einer Beweisaufnahme erforderlich sein würde.

II.

Die Klage der Klägerin zu 1. ist ebenfalls im wesentlichen begründet.

1. Das Amtsgericht hat das Unterhaltsbegehren der Klägerin zu 1. zutreffend nach deutschem Recht beurteilt. Das Deutsch-Iranische Niederlassungsabkommen findet auch insoweit keine Anwendung, weil es sich auf Grund der effektiven deutschen Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 1. um eine gemischt-nationale Ehe handelt (vgl. die Ausführungen zu Ziff. I 1). Das auf den Unterhaltsanspruch anzuwendende Recht ist daher nach den Kollisionsnormen des EGBGB zu bestimmen. Die für die persönlichen Rechtsbeziehungen von Ehegatten und damit auch für Unterhaltsansprüche des einen gegen den anderen maßgebliche Regelung des Artikels 14 EGBGB stellt lediglich eine einseitige Kollisionsnorm dar. Nach dem von Rechtslehre und Rechtsprechung aus Artikel 14 EGBGB entwickelten Grundsatz beurteilen sich die persönlichen Rechtsbeziehungen von Ehegatten in erster Linie nach ihrem gemeinsamen Heimatrecht, wobei bei Doppelstaatern die gemeinsame effektive Staatsangehörigkeit entscheidet (OLG Frankfurt FamRZ 82, 528). Fehlt es an einer gegenwärtigen gemeinsamen (effektiven) Staatsangehörigkeit, kommt es auf die gemeinsame frühere Staatsangehörigkeit an. Haben die Ehegatten nie eine gemeinsame (effektive) Staatsangehörigkeit gehabt, so beurteilen sich die persönlichen Ehewirkungen nach dem Recht des Staates, in dem sie ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben (BGH NJW 76, 1028; BGHZ 78, 288, 291 f.; BGH FamRZ 82, 890, 891). Da die Klägerin zu 1. und der Beklagte nie eine gemeinsame effektive Staatsangehörigkeit gehabt haben, ist somit deutsches Recht als das Recht des gemeinsamen Aufenthalts Staates anzuwenden.

2. Die Klägerin zu 1. kann vom Beklagten gemäß § 1361 BGB angemessenen Unterhalt verlangen.

Die Parteien leben getrennt, sind aber noch nicht rechtswirksam geschieden. Das Teheraner Scheidungsurteil entfaltet in der Bundesrepublik Deutschland keine Wirkung, weil es noch nicht von der zuständigen Landes Justizverwaltung anerkannt worden ist (Artikel 7 § 1 Abs. 1 Satz 1 Familienrechtsänderungsgesetz). Eine Anerkennungsentscheidung der zuständigen Landesjustizverwaltung ist erforderlich, weil entgegen der Ansicht des Beklagten nicht das Gericht eines Staates entschieden hat, dem beide Ehegatten zur Zeit der Entscheidung angehört haben (Artikel 7 § 1 Abs. 1 Satz 3 Familienrechtsänderungsgesetz). Eine solche „Heimatstaatentscheidung“ liegt deshalb nicht vor, weil die Klägerin zu 1. neben der iranischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und diese ihre effektive Staatsangehörigkeit ist (vgl. BayObLG FamRZ 78, 243, 244; BGH FamRZ 82, 1203, 1204).

Die Inanspruchnahme des Beklagten ist nicht grob unbillig (§ 1579 Abs. 1 i.V.m. § 1361 Abs. 3 BGB).

Soweit der Beklagte behauptet, die Klägerin zu 1. habe ihm Goldbarren im Werte von DM 19.000,- entwendet, hat er für diese von der Klägerin zu 1. bestrittene Behauptung im zweiten Rechtszug keinen Beweis angetreten. Die pauschale Bezugnahme auf den „gesamten Vortrag der 1. Instanz einschließlich aller Beweisangebote“ (letzter Satz der Berufungsbegründung) stellt keinen zulässigen Beweisantritt dar.

Ebenso läßt sich nicht feststellen, daß die Klägerin zu 1. den Tatbestand der Kindesentziehung (§ 235 StGB) verwirklicht hat. Der Beklagte legt nicht dar, daß sich die Klägerin bei der Entziehung des Mittels der List, der Drohung oder der Gewalt bedient hat. Die Verletzung des Sorgerechts des Beklagten durch die Klägerin zu 1. stellt für sich allein auch keinen Ausschlußgrund im Sinne des § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB dar.

Schließlich stellt auch der Umstand, daß die Klägerin zu 1. beim Amtsgericht Bad Homburg – Familiengericht – ein Schreiben eines Arztes eingereicht hat, in dem dieser das Vorliegen psychischer Defekte beim Beklagten äußert, keinen Grund dar, der Klägerin zu 1. den geltend gemachten Unterhalt ganz oder teilweise zu versagen, da es sich jedenfalls nicht um eine schwerwiegende Verfehlung der Klägerin zu 1. gegen den Beklagten handelt.

Der angemessene Unterhalt für die Klägerin zu 1. beträgt für die Zeit vom 23. März bis 31. August 1984 monatlich DM 2.000,-, für die Zeit ab 1. September 1984 monatlich DM 2.200,-.

Für die Ermittlung des Unterhaltsbedarfs der Klägerin zu 1. für die Zeit bis Ende August 1984 wird auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts Bezug genommen. Soweit der Beklagte nunmehr die Höhe seines vom Amtsgericht angenommenen anrechnungsfähigen Einkommens angreift, kann dieses Vorbringen aus den bereits unter Ziff. I, 2 dargelegten Gründen nicht berücksichtigt werden.

Für die Zeit ab 1. September 1984 erhöht sich das anrechnungsfähige Einkommen des Beklagten, weil die Tochter … der Parteien nicht mehr beim Beklagten lebt und daher keinen Naturalunterhalt mehr von ihm erhält. Da nicht vorgetragen worden ist, wann … aus dem Hause des Beklagten ausgezogen ist, kann diese Änderung der Verhältnisse im Hinblick darauf, daß der Auszug mit Schriftsatz der Kläger vom 27. August 1984 mitgeteilt worden ist, erst ab September 1984 berücksichtigt werden. Der Unterhaltsbedarf … ist wie derjenige der Kläger zu 2. und 3. mit DM 700,- anzusetzen. Bach Abzug des Kinderunterhalts von insgesamt DM 2.700,- und der Zins- und Tilgungsbelastungen für das Haus des Beklagten von DM 2.000,- verbleibt dem Beklagten somit ein für die Bemessung des Ehegattenunterhalts zu berücksichtigendes Einkommen von DM 5.455,66. 2/5 davon sind DM 2.182,26, aufgerundet DM 2.200,-.

III.

1. Eine Aussetzung des Prozesses gemäß § 148 ZPO bis zur Entscheidung des Senators für Rechtspflege und Strafvollzug der dreien Hansestadt Bremen über die Anerkennung des Teheraner Scheidungsurteils (Klage der Klägerin zu 1.) hält der Senat nicht für angezeigt, weil eine Anerkennung des Teheraner Scheidungsurteils durch den Senator für Rechtspflege und Strafvollzug im Hinblick darauf, daß das Teheraner Gericht wegen der effektiven deutschen Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 1. gemäß §§ 606, 606 a Nr. 1 ZPO nicht zuständig gewesen ist, nach § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ausgeschlossen sein dürfte. Die vom Beklagten angeregte Aussetzung des Prozesses (Klagen der Kläger zu 2. bis 4.) bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt über die Beschwerde der Klägerin zu 1. im Sorgerechtsverfahren kommt nicht in Betracht, weil diese Entscheidung für die Unterhaltsansprüche der Kläger zu 2. bis 4. nicht vorgreiflich ist.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

3.Der Senat hat für den Beklagten gegen dieses Urteil die Revision zugelassen, soweit es die Klagen der Kläger zu 2. bis 4. betrifft, weil es sich bei der Frage, ob das Deutsch-Iranische Niederlassungsabkommen auch hinsichtlich des materiellen Unterhaltsrechts keine Anwendung finden kann, um eine klärungsbedürftige Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung handelt.