Lebensmittelpunkt eines Iraners im Inland

FG München, 15.09.1999, 1 K 3083/91 E

Lebensmittelpunkt eines Iraners im Inland

Orientierungssatz

Ein neben einem inländischen Wohnsitz bestehender Wohnsitz im Iran ist, selbst bei abkommensrechtlicher „Ansässigkeit“ des Steuerpflichtigen im Iran, für die nach nationalem Recht bestehende persönliche Steuerpflicht unerheblich.

Der Mittelpunkt der Lebensinteressen i.S. des Art. 4 Abs. 2 Buchst, a DBA-Iran bestimmt sich danach, zu welchem der Vertragsstaaten im jeweiligen Zeitraum die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen bestanden. Das Innehaben von persönlichen und wirtschaftlichen Beziehung ist nur an objektiven Kriterien zu messen. Die persönlichen Beziehungen umfassen die gesamte private Lebensführung. Dazu gehören familiäre, gesellschaftliche, politische und kulturelle Beziehungen. Wirtschaftliche Beziehungen bestehen vor allem zu örtlich gebundenen Tätigkeiten, Einnahmequellen und Vermögensgegenständen (vgl. BFH-Urteil vom 31.10. 1990 I R 24/89 ).

Nichtzulassungsbeschwerde wurde als unzulässig verworfen (BFH-Beschluss vom 5.9.2000 I B 20/00).

Tatbestand

Der Kläger (Kl) ist iranischer Staatsangehöriger. Im Zusammenhang mit dem Erwerb mehrerer Immobilienobjekte (Eigentumswohnung … – 1976, Einfamilienhaus …) und sich daraus ergebenden Ermittlungen durch die Fmanzbehorden erfolgten mehrfach Besprechungen mit dem Beklagten (Finanzamt), deren Ergebnis durch die damalige Vertreterin des Kl mit Schreiben vom 20. 8. 1982, auf das Bezug genommen wird, festgehalten wurde:

Der Kl hatte hiernach 1979 mit Beginn der Unruhen im Iran seine Familie (Ehefrau und zwei minderjährige Kinder) nach Deutschland gebracht, wo zunächst die zuvor eigengenutzte Eigentumswohnung und anschließend – nach Fertigstellung in 1981 – das Einfamilienhaus in … bezogen wurde. Der Aufenthalt der Ehefrau und der Kinder habe lediglich der Berufsausbildung der beiden Kinder gedient, da diese durch die nur noch einheitlichen Koranschulen im Iran nicht mehr möglich gewesen sei. Seine Geschäftsreisen, die ihn regelmäßig nach Deutschland führten, benutze er, um seine Familie kurz zu besuchen. Ansonsten sei er beruflich sehr stark angespannt durch seine Firmen im Iran. Durch die Wohnsitznahme von Ehefrau und Kindern sowie durch seine Familienbesuche in der für gelegentliche Aufenthalte in … ausreichenden Familienwohnung seien er und seine Ehefrau in der BRD unbeschränkt steuerpflichtig geworden. Gleichzeitig sei jedoch vom Kl der voll eingerichtete Familienwohnsitz mit diversem Hauspersonal in … beibehalten worden. Dort befinde sich weiterhin sein Mittelpunkt der Lebensinteressen, da er die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zum Iran unterhalte. Im Iran sei er u. a. an der Firma … (KCE) zu 50 % beteiligt. Hierbei handle es sich um ein Planungsbüro. Zusammen mit seinem Teilhaber, … (E), führe er in dieser Firma die Planung von Industrieanlagen, Erdölförderungsanlagen usw. durch. Daneben betreibe er zusammen mit E eine Personengesellschaft, deren Zweck es sei, Waren aller Art, Maschinenteile und Industriebedarf zu vermitteln. Auftraggeber seien private Fabriken im Iran und der iranische Staat. Für diese Firmen bereise der Kl Indien, Südafrika, Deutschland, Luxemburg usw. und stelle Kontakte zu Lieferfirmen in diesen Ländern her. Hieraus seien der Personengesellschaft zwischen ihm und E auch von deutschen Firmen insbesondere 1979 bis 1981 erhebliche Provisionseinnahmen zugeflossen. Diese Einkünfte seien voll dem Betrieb in Teheran zuzurechnen, da sowohl die KCE wie auch die Personengesellschaft ihren ausschließlichen Betriebssitz mit großem Büro in Teheran unterhalte; eine Betriebsstätte in Deutschland sei nicht vorhanden.

Nach einer weiteren Unterredung beim Finanzamt (im April 1983) und einem diesbezüglichen Schreiben der damaligen Kl-Vertreterin vom 21. 10. 1983 teilte das Finanzamt dem Kl mit Schreiben vom 22. 11. 1983 mit, daß er nach den vorgelegten Unterlagen sowie einer am 18. 11. 1983 stattgefundenen Besprechung neben seinem Hauptwohnsitz im Iran in der BRD zwar einen Zweitwohnsitz, jedoch keine Betriebsstätte unterhalte.

In der Folgezeit wurde der Kl mit seiner Ehefrau als unbeschränkt steuerpflichtig zur Einkommensteuer veranlagt, wobei geringfügige Einkünfte aus Kapitalvermögen und diese übersteigende Verluste aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt wurden.

In der Zeit vom 30. 3. 1988 bis 5. 7. 1989 fand beim Kl eine Prüfung durch die Steuerfahndungsstelle statt. Nach dem Bericht der Steuerfahndung vom 21. 7. 1989 ergaben sich gegenüber dem bisherigen Vorbringen des Kl wesentlich intensivere persönliche und wirtschaftliche Interessen des Kl zur BRD. Der Bericht geht daher davon aus, daß sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Kl in der BRD befunden habe. Die bisherige steuerliche Einordnung sei aufgrund einer unrichtigen Sachverhaltsschilderung durch den Kl vorgenommen worden. Die aufgrund der nunmehr getroffenen Tatsachenfeststellungen erfolgte Änderung der steuerlichen Wertung verstoße daher nicht gegen Treu und Glauben. Hilfsweise bejaht der Bericht auch die Existenz einer inländischen Betriebsstätte des Kl. Aufgrund mangelhafter Aufzeichnungen schätzte die Steuerfahndung die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 Abgabenordnung (AO), wobei die Bankkonten des Kl, Zeugenaussagen und beschlagnahmte Unterlagen als Grundlage der Schätzung dienten. Die erzielten Provisionseinnahmen wurden dem Kl als gewerbliche Einkünfte zugerechnet, da sich nach den Feststellungen der Steuerfahndung ergeben hatte, daß der Kl die Vermittlungsleistungen in eigener Person erbracht hatte. Die KCE sollte nur offiziell als Provisionsempfänger erscheinen. Auch waren die Provisionszahlungen auf Konten des Kl oder, auf Wunsch des Kl, aufsog. „Treuhandkonten“ in Luxemburg geleistet worden, niemals jedoch auf ein Firmenkonto der KCE oder gar in den Iran.

Einkünfte aus Kapitalvermögen wurden dem Kl zugerechnet, weil er entweder Kontoinhaber oder Verfügungsberechtigter über das Konto war, und weil auf die jeweiligen Konten vom Kl verdiente Provisionen flössen. Im übrigen erfolgte eine Zurechnung von Kapitaleinkünften aufgrund § 159 AO mangels Nachweises einer Treuhänderschaft. Darüber hinaus wurden dem Kl 1982 und 1983 Kapitaleinkünfte aus der Beteiligung an einer Liechtensteiner Briefkastenfirma (…) zugerechnet (Einnahmen 1982: … DM, 1983: … DM).

Ungeklärte Vermögenszuflüsse in 1984 (… DM) und 1986 (… DM) erfaßte die Steuerfahndung als sonstige Einkünfte gemäß § 22 Einkommensteuergesetz (EStG).

Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung schätzte die Steuerfahndung die Einkünfte für 1979 bis 1981 und 1986 bis 1987. Für 1982 bis 1985 wurden die erklärten Einkünfte berücksichtigt.

Wegen der Feststellungen im einzelnen wird auf den Steuerfahndungsbericht vom 21.7.1989 Bezug genommen.

Das Finanzamt übernahm die Feststellungen der Steuerfahndung und setzte die Einkommensteuer entsprechend dem Bericht vom 21. 7. 1989 mit (zuvor mehrfach geänderten) Bescheiden vom 11. 12. 1989 für 1979 auf … DM, für 1980 auf … DM, für 1981 auf … DM, für 1982 auf … DM, für 1983 auf … DM, für 1984 auf … DM, für 1985 auf … DM und für 1986 auf … DM fest

Die Einsprüche des Kl blieben erfolglos. Auf die Einspruchsentscheidungen vom 12.8.1991 wird Bezug genommen.

Mit seiner Klage macht der Kl geltend, Wohnsitz und Lebensmittelpunkt im Iran zu haben und daher – trotz eventuellen Wohnsitzes – in Deutschland nicht unbeschränkt steuerpflichtig zu sein. Überdies habe nicht er, sondern eine iranische Kapitalgesellschaft Einkünfte erzielt. Diese habe aber weder eine Tätigkeit in Deutschland entfaltet noch gar eine deutsche Betriebsstätte gehabt. Auch er habe keine Tätigkeit entfaltet, die Deutschland zugeordnet werden könnte und er habe keine Betriebsstätten in Deutschland gehabt.

Ergänzend wird zur Klagebegründung im einzelnen auf den Schriftsatz des Kl vom 8. 7. 1992 und die hierzu eingereichten Anlagen sowie auf die Klageerwiderung des Finanzamts vom 8. / 11. 3. 1993 Bezug genommen.

Änderungsbescheide des Finanzamts vom 18. 3. 1994 (für Einkommensteuer 1979 bis 1983) und vom 7. 2. 1994 (für Einkommensteuer 1984 bis 1986) wurden vom Kl gemäß § 68 Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens erklärt.

Der Kl beantragt,

die Einkommensteuerbescheide für 1979 bis 1986 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 12. 8. 1991 bzw. in Gestalt der Änderungsbescheide vom 18. 3. 1994 (Einkommensteuer 1979 bis 1983) und vom 7.2.1994 (Einkommensteuer 1984 bis 1986) dahingehend abzuändern, daß die Einkommensteuer auf 0 DM festgesetzt wird;

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Das Finanzamt hat die Feststellungen der Steuerfahndung im Bericht vom 21. 7. 1989 zu Recht der Besteuerung des Kl zugrunde gelegt.

Der Kl war in den Streitjahren unbeschränkt steuerpflichtig, da er im Inland einen Wohnsitz i. S. des § 8 AO hatte. Der Kl hatte in dem ihm gemeinsam mit seiner Ehefrau gehörenden Einfamilienhaus in der eine Wohnung unter Umständen inne, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Ein gleichzeitig bestehender Wohnsitz im Iran wäre selbst bei abkommensrechtlicher „Ansässigkeit“ des Kl im Iran für die Beurteilung der nach nationalem Recht bestehenden persönlichen Steuerpflicht unerheblich (vgl. Littmann, Eicher, EStG, § l RdNr. 111 m. w. N.).

Aufgrund seiner unbeschränkten Steuerpflicht unterlag der Kl gemäß § 2 EStG grundsätzlich mit seinen weltweiten Einkünften der inländischen Steuerpflicht, soweit sich nicht Einschränkungen aus der Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) ergeben.

Über die Art der persönlichen Steuerpflicht des Kl im Iran ergeben sich für die Streitjahre keinerlei Nachweise (vgl. insoweit Wassermeyer in Debatin / Wassermeyer, M A Art. 4 Rz. 26).

.Selbst wenn der Senat zugunsten des Kl davon ausgeht, daß dieser in den Streitjahren sowohl in der BRD wie auch im Iran im abkommensrechtlichen Sinn gemäß Art. 4 Abs. l des Abkommens zwischen der BRD und dem Kaiserreich Iran zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen (DBA-Iran) ansässig gewesen ist und auch in beiden Staaten über eine abkommensrechtliche Wohnstätte i. S. des Art. 4 Abs. 2 Buchstabe a verfügen konnte (vgl. zum Begriff der „ständigen Wohnstätte“ Bundesfinanzhof – BFH – Urteil vom 16.12.1998 I R 40/97, IStR 1999, 212), gilt der Kl in dieser Zeit für die Anwendung des Abkommens als allein in der BRD ansässig, da er hier seinen Mittelpunkt der Lebensinteressen i. S. des Art. 4 Abs. 2 Buchstabe a DBA-Iran hatte.

Der Mittelpunkt der Lebensinteressen bestimmt sich danach, zu welchem der Vertragsstaaten zu dieser Zeit die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen bestanden. Das Innehaben von persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen ist nur an objektiven Kriterien zu messen. Die persönlichen Beziehungen umfassen die gesamte private Lebensführung. Dazu gehören familiäre, gesellschaftliche, politische und kulturelle Beziehungen. Wirtschaftliche Beziehungen bestehen vor allem zu örtlich gebundenen Tätigkeiten, Einnahmequellen und Vermögensgegenständen (s. BFH-Urteil vom 31. 10. 1990 I R 24/89 , Bundessteuerblatt – BStBI – II 1991, 562).

Auch unter Berücksichtigung der objektiv bestehenden persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen des Kl zum Iran entsprechend dessen Vortrag bestehen nach Ansicht des Senats während der Streitjahre engere Beziehungen des Kl zur BRD.

Der Kl lebte in … mit seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern im eigenen Einfamilienhaus zusammen. Er hatte sich bereits in der Zeit von 1957 bis 1970 in der Bundesrepublik aufgehalten (als Student und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Karlsruhe). Seine Ehefrau hatte gleichfalls in Deutschland studiert. Die beiden Kinder wurden während dieser Zeit in Deutschland geboren (1967 und 1969). Nach der Rückkehr in den Iran in 1971 bestanden die Kontakte zu Deutschland zum einen durch die Geschäftstätigkeit des Kl, zum anderen auch durch die Ausbildung der Kinder (Besuch der deutschen Schule in Teheran) fort. Bereits in 1976 wurde in … eine Eigentumswohnung erworben, die eigenen Wohnzwecken anläßlich geschäftlicher oder privater Anlässe (Familienurlaub) diente. Unmittelbar mit Ausbruch der Revolution im Iran übersiedelte die Familie wieder nach Deutschland, um hier die deutsche Ausbildung ihrer Kinder sicherzustellen, nachdem dies im Iran nicht möglich war. Nach seinen Angaben hatte sich der Kl mit den politischen und religiös- fanatischen Vorstellungen in seiner Heimat, die auch von seiner dort lebenden Großfamilie mit dem Vater als einflußreichem Ayatollah mitgetragen wurde, nie anfreunden können (vgl. Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten vom 28. 9. 1988 in dem gegen den Kl durchgeführten Strafverfahren wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz).

Soweit sich der Kl darauf beruft, bereits 1983 nach iranischem Recht von seiner Ehefrau geschieden worden zu sein, bestehen keinerlei Nachweise für die Rechtswirksamkeit des insoweit in Übersetzung vorgelegten Ehescheidungsbriefes vom 2. 6. 1983 bzw. der Ehescheidungsurkunde vom 19. 3. 1984. In beiden Schriftstücken wird eine „widerrufliche erste Scheidung“ ausgesprochen. Es kann dahingestellt bleiben, ob eine derartige Ehescheidung nach den Regeln desTalaq zu dieser Zeit im Iran möglich war (verneinend Bergmann / Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Iran S. 12). In jedem Fall handelte es sich um eine widerrufliche Form der Trennung. Die Ehefrau des Kl war sich offenbar einer Trennung nicht bewußt (vgl. den unter Anlage 20 zum Klageschriftsatz vorgelegten Schriftverkehr und insbesondere auch das an das Kreisverwaltungsreferat … gerichtete Schreiben der Ehefrau des Kl vom 17. 8. 1984, wo sie von ihrem sich aus geschäftlichen Gründen meistens in Teheran befindlichen Ehemann spricht -Anlage 27 a; vgl. zu den insoweit völlig ungeklärten Verhältnissen auch die Schreiben der Kanzlei … – vom 18. 3. 1988 an das Kreisverwaltungsreferat -: „Frau … ist verheiratet“ und vom 30. 3. 1988 an die Staatsanwaltschaft beim Landgericht … „Der Beschuldigte (= der Kl) lebt seit einiger Zeit von seiner Ehefrau getrennt und ist auch geschieden“.). In den Plädoyers vor dem Landgericht … im Verfahren wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz wurde vorgetragen, daß die Ehe nur auf dem Papier geschieden sei (vgl. Steufa-Bericht S. 16).

Nach Ansicht des Senats ist letztlich entscheidend, daß nach den eigenen Angaben des Kl seine menschlichen Beziehungen zu seiner Ehefrau in den Streitjahren bestehen blieben und er auf deren Mitteilung 1987, daß sie sich von ihm trennen wolle, in eine Depression verfallen war, die letztlich (auch) zu einem Rauschgiftproblem führte (vgl. nervenärztliches Gutachten durch den Landgerichtsarzt beim Landgericht … vom 4.10.1988).

Von weiterer Bedeutung für die Beurteilung der persönlichen Bindungen des Kl zur BRD ist auch, daß der Kl u. a. für Besucher aus dem Iran in … im … seit 1983 ein Appartement (unter fremdem Namen) angemietet hatte.

Auch bezüglich der wirtschaftlichen Interessen des Kl bestanden nach Ansicht des Senats während der Streitjahre die engeren Beziehungen zur BRD. Abgesehen von dem vorgetragenen Erwerb der Mietwohnung in Teheran erfolgten mehrere Immobilienerwerbe für die Familie in der BRD (Eigentumswohnungen für die Söhne und die Ehefrau, Einfamilienhaus in …). Von hier aus erfolgte letztlich die Verwaltung eines umfangreichen Kapitalvermögens (vgl. z. B. Kreditrahmen bei der … für Devisentermingeschäfte über … US-Dollar). Soweit Einnahmen aus Provisionsgeschäften erfaßt wurden, beruhten diese im wesentlichen auf Vereinbarungen mit inländischen Lieferanten. Entscheidend ist jedoch letztlich, daß der Kl derartige Einkünfte nach der nachrevolutionären Wirtschaftsordnung im Iran gar nicht erzielen durfte, und dort offensichtlich auch zu keiner Zeit in den Streitjahren erklärt hat (vgl. z. B. Stellungnahme der deutsch-iranischen Handelskammer vom 19.5. 1989 – Anlage 17 zur Klagebegründung, und unterbliebene Vorlage persönlicher oder die KCE betreffender Steuerbescheide).

Aufgrund der für die Anwendung des DBA-Iran maßgeblichen Ansässigkeit des Kl in der BRD wird eine Doppelbesteuerung zwischen den beteiligten Staaten gemäß Art. 24 Abs. l Buchstabe a DBA-Iran dadurch vermieden, daß Einkünfte, die nach dem Abkommen im Iran besteuert werden können, in der BRD (unter Progressionsvorbehalt) steuerbefreit sind. Die Steuerbefreiung ist hierbei unabhängig davon, ob der Iran von seinem Besteuerungsrecht tatsächlich Gebrauch macht (vgl. BFH-Urteil vom 13. 9. 1972 I R 130/70, BStBI II 1973, 57 , 59 und Vogel, DBA, 3. Aufl., Einleitung Rz. 46 a m. w. N., „Verbot der virtuellen Doppelbesteuerung“).

Es kann offenbleiben, ob eine derartige Steuerbefreiung auch dann eingreift, wenn der Steuerpflichtige dem anderen Vertragsstaat gegenüber eine andere Sachverhaltsdarstellung (bzw. – wie offensichtlich der Kl aus nachvollziehbaren Gründen – überhaupt keine Erklärung über entsprechende Einkünfte) gegeben hat (bejahend bei Anwendung des DBA-USA BFH-Urteil vom 31. 7. 1974 I R 27/73, BStBI II 1975, 61 für Einkünfte aus inneramerikanischen Quellen; vgl. aber Verfügung der OFD Köln vom 20. 8. 1998 S-1301 – 52 – St 134, RIW 1999, 720 ).

Der Senat sieht keinen Anlaß, einen Teil der Einkünfte des Kl gemäß den Vorschriften des DBA-Iran steuerfrei zu lassen.

Im Streitfall käme ein iranisches Besteuerungsrecht allenfalls insoweit in Betracht, als gemäß Art. 7 Abs. l DBA-Iran einer iranischen Betriebsstätte des Kl (vgl. Art. 5 DBA-Iran) gewerbliche Einkünfte zuzurechnen wären. Abgesehen von der fehlenden Mitwirkung des Kl an einer entsprechenden Gewinnaufteilung (vgl. insoweit zur erhöhten Mitwirkungspflicht gemäß § 90 Abs. 2 AO bei der Gewinnaufteilung BFH-Urteil vom 20. 7. 1988 I R 49/84, BStBI II 1989, 140 ) ist hierbei zu berücksichtigen, daß die vom Finanzamt erfaßten gewerblichen Einkünfte des Kl eine Schätzung der Steuerfahndung gemäß § 162 AO darstellen. Diese Schätzung beruht (mit Ausnahme der Provisionseinnahmen von der österreichischen Fa. …) auf Provisionen von inländischen Lieferanten. Im Hinblick auf die weltweiten geschäftlichen Aktivitäten des Kl und dessen umfassender Steuerpflicht in der BRD geht der Senat davon aus, daß der Kl über die von der Steuerfahndung geschätzten gewerblichen Einkünfte hinaus entsprechende Einnahmen auch durch ausländische Lieferanten bezog (vgl. insoweit auch die eigenen Angaben des Kl im Schreiben der früheren Klägervertreterin vom 20. 8. 1982). Die Nichtberücksichtigung eines iranischen Betriebsstättenanteils wird hierdurch ausgeglichen.

Die Notwendigkeit für die Schätzung eines iranischen Betriebsstättenanteils an den gewerblichen Einkünften bestünde auch dann nicht, wenn der Senat -entsprechend dem Vortrag des Kl – davon ausginge, daß die Provisionsvereinbarungen ausschließlich zwischen der iranischen Kapitalgesellschaft KCE und den inländischen Lieferanten getroffen wurden. Da sämtliche Zahlungen auf vom Kl „beherrschte Konten“ erfolgten und zu keiner Zeit eine Überweisung auf ein Konto der KCE oder gar in den Iran erfolgte, wäre in diesem Fall von verdeckten Gewinnausschüttungen an den Kl mit dem Grunde nach uneingeschränktem deutschen Besteuerungsrecht auszugehen (zu auf tatsächlichem Verhalten beruhenden verdeckten Gewinnausschüttungen vgl. BFH- Urteil vom 14. 10. 1992 I R 17/92, BStBI II 1993, 352 ; zur Zuordnung verdeckter Gewinnausschüttungen zum Dividendenartikel der Abkommen vgl. Wassermeyer in Debatin / Wassermeyer, MA Art. 10 Rz. 94 sowie Art. 10 Abs. 4 DBA-Iran).

Nach Ansicht des Senats handelte es sich jedoch bei den den Provisionen zugrunde liegenden Vereinbarungen um Scheingeschäfte gemäß § 117 Abs. l Bürgerliches Gesetzbuch, die nach § 41 Abs. 2 AO für die Besteuerung unerheblich sind. Der Scheincharakter dieser Verträge war für beide Vertragsparteien offensichtlich, da derartige Geschäfte gerade mit einem im Iran ansässigen Geschäftspartner ohne nachhaltige wirtschaftliche – eventuell auch persönliche – Probleme nach iranischem Recht nicht getätigt werden konnten (vgl. zum Scheingeschäft BFH-Urteil vom 21. 10. 1988 III R 194/84, BStBI II 1989, 216 ). Die Einkünfte wurden daher zu Recht unmittelbar dem Kl als gewerbliche Einkünfte zugerechnet.

Für die in der Klagebegründung dargestellte „Umwandlung“ der Provisionseinnahmen in „Beratungshonorare“ ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte.

Inwieweit in den berücksichtigten Provisionseinnahmen eventuell „Unterprovisionen“ oder „Surplusbeträge“ enthalten waren, blieb aufgrund fehlender Mitwirkung des Kl zu Recht unberücksichtigt (vgl. z. B. zur diesbezüglich vereinbarten Mitwirkung des Kl im … Aktennotiz über die mit dem Finanzamt für Körperschaften am 13. 8. 1986 geführte Besprechung. Die darin zugesagten Abrechnungen mit iranischen Empfängern wurden niemals vorgelegt; – Anlage 18 zur Klagebegründung). Entscheidend ist, daß die bei der Schätzung berücksichtigten Einnahmen ausschließlich auf Konten, über die der Kl verfügen konnte, überwiesen wurden.

Bezüglich der entsprechend dem Steuerfahndungsbericht vom 21. 7. 1989 angesetzten Einkünfte aus Kapitalvermögen und der sonstigen Einkünfte ergeben sich keine Einschränkungen des deutschen Besteuerungsrechts nach dem DBA-Iran (vgl. Art. 11 und 21).

Detaillierte Einwendungen gegen die Höhe der erfaßten Einkünfte aus Kapitalvermögen wurden nicht geltend gemacht. Der Kl verweist insoweit lediglich ohne weitere Nachweise darauf, bei den von ihm in den Streitjahren in Deutschland und Luxemburg unterhaltenen Konten habe es sich ganz überwiegend (Luxemburg) bzw. zum Teil (Deutschland) um Treuhandkonten gehandelt. Mehrfache Aufforderungen der Steuerfahndung zur Benennung der Treuhandkonten und der Treugeber blieben trotz Hinweises auf § 159 AO unbeantwortet (vgl. Tz. 3.8 Steuerfahndungsbericht). Die Steuerfahndung hat damit zu Recht gemäß § 159 Abs. l Satz l 2. Halbsatz AO dem Kl die Bankguthaben auf den von ihm unterhaltenen Konten zugerechnet und entsprechende Einkünfte aus Kapitalvermögen berücksichtigt (vgl. Tipke-Kruse, AO, § 159 Tz. 10).

Ebenso hat die Steuerfahndung dem Kl zu Recht die Einkünfte aus der Beteiligung an der Liechtensteiner Briefkastenfirma … AG zugerechnet. Das Vorgehen entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH zur Behandlung der Beteiligung unbeschränkt steuerpflichtiger Personen an im niedrig besteuernden Ausland domizilierenden Briefkastenfirmen (vgl. hierzu Finanzgericht München, Urteil vom 17. 9. 1997 l K 3239/96, EFG 1998, 612 m. w. N.).

Schließlich beinhaltet die Auswertung des Steuerfahndungsberichts vom 21. 7. 1989 auch keinen Verstoß gegen Treu und Glauben. Die Änderungsbefugnis (bzw. die Möglichkeit zum Erlaß erstmaliger Bescheide) wäre nur dann eingeschränkt, wenn ein von der Finanzbehörde geschaffener Vertrauenstatbestand entgegenstünde (vgl. Tipke- Kruse, AO, § 4 Tz. 56 a ff.; § 173 Tz. 62 m. w. N.). Voraussetzung für einen derartigen Vertrauenstatbestand ist, daß der Steuerpflichtige seinerseits die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offengelegt hat.

Der in diesem Zusammenhang vorliegende Schriftverkehr zwischen dem Kl und dem Finanzamt in den Jahren 1982 und 1983 zeigt jedoch, daß der für die Beurteilung des Mittelpunkts der Lebensinteressen maßgebliche Sachverhalt zumindest lückenhaft dargestellt war. So ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, daß tatsächlich niemals Zahlungen in den Iran erfolgt waren, daß eine im Iran ansässige Gesellschaft oder Person entsprechende Einkünfte nach iranischem Recht nicht erzielen durfte mit der Folge, daß derartige Einkünfte im Iran auch nicht erklärt werden konnten. Keine Hinweise ergeben sich auch über das Ausmaß getätigter Kapitalanlagen und darüber, daß Geschäfte über eine Liechtensteiner Briefkastenfirma abgewickelt worden waren. Generell war der Kl bemüht, seine Aufenthalte im Inland lediglich als gelegentliche Besuche darzustellen. Die Bindungen des Kl (bzw. seiner Familie) zur BRD (langjähriger Studienaufenthalt und Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter) wurden verschwiegen bzw. unvollständig dargestellt (mangelhafte Deutschkenntnisse), Bindungen zum Iran hingegen stärker betont, als sie offensichtlich tatsächlich bestanden (vgl. die späteren Aussagen des Kl bzw. seiner Prozeßvertreter im Verfahren nach dem Betäubungsmittelgesetz).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. l Finanzgerichtsordnung (FGO).

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO sind nicht ersichtlich.